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Einzelbeiträge:

Vergleichende Berechnung: Verkehrswende (nur) durch Technischen Fortschritt?

Ein häufig angeführtes Argument zur Emissionsvermeidung im Personentransportsektor ist der technologische Fortschritt. Neben der Emissionsreduktion durch Effizienzsteigerung bei Verbrennungsmotoren sind die derzeit aufstrebenden E-Autos einer der größten Hoffnungsträger. Ein gewisser technologischer Fortschritt sowie eine Marktdurchdringung von E-Mobilität sind beobachtbar und es ist sehr wahrscheinlich, dass sich dieser Trend auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Jedoch wird laut eigenen Berechnungen im QUALITY-Projekt die dadurch zu erreichende Emissionsminderung alleine nicht genügen, um das von der Bundesregierung gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen.

Die Emissionsszenarien unterschiedlicher Trendfortschreibungen sind in Abbildung 1 und Abbildung 2 dargestellt.

Abb 1: Durchdringung von Fahrzeugen mit Elektromotoren bei derzeitiger Durchdringungsrate. (©Jäger)

Setzt sich die Entwicklung an zugelassenen Elektrofahrzeugen so fort wie bisher in Österreich beobachtet, gelingt es bis zum Jahr 2040 nicht einen nennenswerten Anteil an der Gesamtflotte zu erreichen.

Selbst bei einer in Abb 2 dargestellten außerordentlich hohen 4-fachen Zunahme ist bis 2040 weniger als die Hälfte der österreichischen PKWs elektrifiziert und auch bis 2050 gäbe es keine vollkommene Durchdringung.

Abb 2: Durchdringung von Fahrzeugen mit Elektromotoren bei Vervierfachung der Durchdringungsrate (©Jäger)

Neben der Elektrifizierung in dieser Darstellung erschweren nicht beachtete Faktoren wie der Energiemix, welcher für eine emissionsfreie E-Mobilität einen entsprechend hohen Bedarf an erneuerbaren Energieträgern mit sich bringt, eine rein technologiebasierte Entwicklung. Diese explorativen Szenarien weisen auf die Bedeutung eines breiteren Ansatzes zur Mobilitätsentwicklung in Österreich hin. (SP)

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Newsletter 02/2020

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Einzelbeiträge:

Verkehrspolitische Maßnahmenbündel zwischen Disruption und Umsetzbarkeit

Um das österreichische Ziel der CO2-bzw. Klima-Neutralität bis 2040 zu erreichen, braucht es im Verkehrsbereich ein umfassendes und gut abgestimmtes Bündel an Maßnahmen. Warum ist eine solche Kombination mehrerer Maßnahmen entscheidend? Einzelmaßnahmen und unkoordinierte Ansätze reichen nicht aus, da Emissionsreduktion einerseits nur eine von mehreren Herausforderungen im Verkehrsbereich (wie zum Beispiel Luftverschmutzung, Gesundheit, Versiegelung, Lärm, etc.) darstellt, die es gleichzeitig zu adressieren gilt, andererseits eine Vielfalt an Folgewirkungen zeitigen [1].

Eine Möglichkeit, verschiedene Maßnahmen in Richtung eines nachhaltigen Transportsystems zu strukturieren ist demsogenannten A-S-I-Konzept zu folgen, gemäß dem Maßnahmen zur Transportvermeidung (AVOID), Transportverlagerung (SHIFT) und Transportverbesserung (IMPROVE)enthalten sind [2]. Derzeitige Maßnahmen zielen oft auf eine Verkehrsverbesserung ab, beispielsweise durch Effizienzsteigerungen, doch eine umfassende Betrachtungsweise und Integration aller drei Dimensionen ist notwendig. Im Rahmen unseres Stakeholder-Workshops mit TeilnehmerInnen unter anderem aus Politik, Verwaltung, Verkehrs-unternehmen, Konsumentenvertretung und Forschung haben wir im Jänner 2020 an solchen Paketen und ihren essenziellen Bausteinen gearbeitet. Basierend auf diesen Ergebnissen, zusätzlichen ExpertInnen-interviews und einer umfassenden Literaturrecherche vertiefte das QUALITY Projetteam die Konzeption eines solchen Maßnahmenpakets weiter.

Grundsätzlich wird es eine Reihe an sogenannten „disruptiven“, also besonders effektiven und schnell wirkenden Maßnahmen brauchen [3]. Diese finden sich oft in der Gruppe der Push-Maßnahmen und besitzen daher oft restriktiven oder Verbots-Charakter. Konkret wären das zum Beispiel eine Erhöhung der Mineralölsteuer, Fahrverbote in Innenstädten oder ein Neuzulassungsstopp für Verbrennungsmotoren. Gleichzeitig stoßen genau solche Maßnahmen oft auf öffentlichen Widerstand und schaffen es, obwohl theoretisch höchst effektiv, nicht in die Umsetzung [4]. Daher braucht es als Ausgleich einen Fokus auf Maßnahmen mit Pull-Charakter zur Erhöhung der öffentlichen Akzeptanz. Beispiele dafür wären bewusstseinsbildende Maßnahmen, Anreize für aktive und öffentliche Mobilität, Förderungen oder Verbesserung der Rahmenbedingungen für Homeoffice-Konzepte.

Abb. 1: Grafische Darstellung eines effektiven verkehrspolitischen Maßnahmenpaketes (©Thaller et al.)

Diese notwendige Balance ist in Abbildung 1 dargestellt: Beide Dimensionen sind von hoher Bedeutung und müssen sich „die Waage halten“, sodass die Emissionsreduktionsziele erreicht werden können und gleichzeitig eine hohe Qualität an Mobilität für die VerbraucherInnen gewährleistet werden kann. Wesentliche Grundlage bilden in jedem Fall Überlegungen und Änderungen in der Infrastruktur und Raumplanung, die darauf aufbauende Maßnahmenermöglichen, wie ein attraktives ÖV-Netz mit guten Anbindungen[5]. (AT)

Quellen:
[1] Jochem, P., Doll, C., & Fichtner, W. (2016). External costs of electric vehicles. Transportation Research Part D: Transport and Environment, 42, 60–76. https://doi.org/10.1016/j.trd.2015.09.022
[2] Dalkmann, H. & Brannigan, C. (2007). Transport and Climate Change. Module 5e. Sustainable Transport: A Sourcebook for Policy Makers in Developing Cities. https://doi.org/10.13140/2.1.4286.8009
[3] Givoni, M. (2014). Addressing transport policy challenges through  Policy Packaging. Transportation Research Part A: Policy and Practice, 60, 1–8. https://doi.org/10.1016/j.tra.2013.10.012
[4] Cohen, S. A., Higham, J., Gössling, S., Peeters, P., & Eijgelaar, E. (2016). Finding effective pathways to sustainable mobility: bridging the science–policy gap. Journal of Sustainable Tourism, 24(3), 317–334. https://doi.org/10.1080/09669582.2015.1136637
[5] Kent, J., Dowling, R., & Maalsen, S. (2017). Catalysts for transport transitions: Bridging the gap between disruptions and change. Journal of Transport Geography, 60, 200–207. https://doi.org/10.1016/j.jtrangeo.2017.03.013


Verkehrswende durch Ordnungsrecht – Möglichkeiten und Schranken

Grundrechts- und Binnenmarktkonformität stellen den Dreh- und Angelpunkt der juristischen Analyse des in QUALITY entwickelten Maßnahmenpakets dar. Ihre rechtliche Machbarkeit ist daher stark von europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben geprägt, müssen sie doch jedenfalls im Einklang mit den vier Grundfreiheiten sowie dem Grundrechtekatalog der Europäischen Union stehen.
Eingriffe in diese EU-Eckpfeiler sind nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. So gilt es, stets im Rahmen des sogenannten Prinzips der Verhältnismäßigkeit zu handeln, und die in QUALITY erarbeiteten Policies einer entsprechenden Prüfung zu unterziehen.
Bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen, d.h. Verkehrs-beschränkungen, wie etwa Fahrverboten oder Zulassungsbeschränkungen, greift dieser Grundsatz umso stärker, je mehr in die persönliche Freiheit eingegriffen wird. Nicht zuletzt zielt das Ordnungsrecht darauf ab, mittels verbindlicher Vorgaben direkte Verhaltensänderungen – hier einen Umstieg auf umweltverträglichere Formen der Mobilität – zu bewirken.
Fahrverbote sind der österreichischen Rechtsordnung nicht fremd, betreffen bisher allerdings nur LKWs und sind dem Spektrum des Luftreinhalterechts zuzuordnen. Verbote aus Gründen des Klimaschutzes existieren bislang hingegen nicht. Aus unserer Sicht sind jedenfalls großräumige Fahrverbote juristisch schwieriger umzusetzen, da sie Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit mit sich bringen können, [1] die im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung [2] dem Kriterium der Erforderlichkeit standhalten und insgesamt verhältnismäßig sein müssen. Auch Zulassungsbeschränkungen, bspw. ein Verbot der Neuzulassung von Kfz mit konventionellen Verbrennungsmotoren, erweisen sich als rechtlich diffizil – abermals ist die Warenverkehrsfreiheit betroffen. Der Bereich der Typgenehmigung wiederum ist durch Sekundärrecht vollständig harmonisiert, [3] allerdings besteht unter strengen Voraussetzungen die Möglichkeit eines nationalen Alleingangs. Andere ordnungsrechtliche Maßnahmen wie bspw. ein Rückbau von Parkraum müssen zwar auch verhältnismäßig sein, stellen sich im Vergleich zu Fahrverboten aber als leichter umsetzbar dar.
Bei diesen und allen anderen Maßnahmen ist außerdem das verfassungs-rechtliche Prinzip des Vertrauensschutzes [4] zu beachten: So dürfen Verbote und Beschränkungen auch dann, wenn sie sonst alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllen, nur schrittweise – und nicht etwa „von heute auf morgen“ – eingeführt werden, um verfassungskonform zu sein. Eine empfindliche Erhöhung von Parkgebühren etwa bedingt jedenfalls eine Übergangsfrist oder sogar eine Ausnahme für sozial Schwache, um deren „legitime Erwartungen“ nicht zu frustrieren.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ordnungsrechtliche Maßnahmen den Vorteil hoher Effektivität haben. Ein gut durchdachtes „Policy Paket“, das neben derartigen auch weniger „radikale“ Maßnahmen, etwa zur indirekten Verhaltenssteuerung (z.B. CO2-Bepreisung), vorsieht, erscheint allerdings vielversprechender. Würde doch ein derartiges Gesamtpaket wohl auch die soziale Akzeptanz „härterer“ Eingriffe erhöhen. (ESS & CR)

Quellen:
[1] zB Epiney, A., Heuck, J, Schleiss, Y. (2020).Verkehrsrecht, in: Dauses, M. & Ludwigs, M., Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts L Rz 172 ff.
[2] EuGH 21.12.2011, C-28/09, Sektorales Fahrverbot II, ECLI:EU:C:2011:854 Rz 140.
[3] VO (EG) 715/2007; RL 2007/46/EG.
[4] Hiesel, M. (2017). Verkehrsrecht und Vertrauensschutz,ZVR 2017, 397.

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Newsletter 01/2021

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Einzelbeiträge:

Rechtliche Umsetzbarkeit ausgesuchter Maßnahmen

Für eine klimaneutrale Transformation in Österreich bis 2040 braucht es im Verkehrsbereich ein umfassendes und gut abgestimmtes Bündel an Maßnahmen. Neben der technologischen, ökonomischen und sozialen Umsetzbarkeit müssen die rechtlichen Voraussetzungen für die jeweiligen Maßnahmen eines solchen Maßnahmen-Bündels gegeben sein. Im Folgenden werden zwei Beispielbereiche hingehend rechtlicher Umsetzbarkeit von Maßnahmen für eine klimaneutrale Verkehrswende diskutiert.

Beispiel 1: Parkraumbewirtschaftung

Ein Autofahrer benötigt etwa fünfmal so viel Platz wie ein Radfahrer und ungefähr zehnmal so viel wie jemand, der ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt – und zwar bereits ohne seinen Parkplatz.[1] Dass am Weg zur Mobilitätswende jedoch unbedingt auch beim Thema Parken anzusetzen ist, kommt wenig überraschend. Schaffen doch mehr Parkmöglichkeiten auch automatisch einen Anreiz zur Fortbewegung mittels PKW. Mit einem zielgerichteten Parkraummanagement, insb. der Reduktion von Parkplätzen und der Erhöhung von Parkgebühren, kann dem gegengesteuert werden.

  • In Bezug auf Parkplätze ist rechtlich gesehen danach zu differenzieren, ob es sich um öffentliche oder private Plätze handelt. So erklärt die StVO das Parken auf öffentlichem (Straßen-)Raum ausdrücklich für zulässig, ermöglicht aber den Gemeinden dies unter bestimmten Umständen per Verordnung zu untersagen. Auch die Reduktion ausgewiesener Kurzparkzonen hat durch Verordnung der Gemeinde zu erfolgen. Derartige Verkehrsbeschränkungen setzen stets eine Interessenabwägung voraus, die zugunsten der Beschränkung ausschlagen muss.[2] Speziell aus Gründen des Klimaschutzes wären Verkehrsbeschränkungen jedoch ein Novum und bedürften einer Gesetzesänderung, zumindest aber ausdrücklicher Anerkennung durch die Höchstgerichte.[3] Was private Parkplätze betrifft, gilt es an den „Stellplatzregelungen“ anzusetzen. Diese sind überwiegend Teil des Bau- und Raumplanungsrechts der Bundesländer und ermächtigen Gemeinden dazu, im Rahmen ihrer Autonomie Stellplatzverordnungen zu erlassen und Bauberechtigte etwa dazu zu verpflichten, für jede Wohnpartei einen Stellplatz zu schaffen oder eine Ausgleichsabgabe zu leisten. In einigen Bundesländern (z.B. in der Steiermark) ist es aber bereits möglich, von dieser Verpflichtung abzugehen und je nach örtlichen Verhältnissen eine niedrigere Anzahl an Stellplätzen festzulegen.[4] Zielführend kann auch eine Abschaffung der Ausgleichsabgaben sein, da sich dadurch der Bau „autofreier“ Siedlungen vergleichsweise kostengünstiger gestalten würde.[5]
  • Auch die Erhöhung von Gebühren in Kurzparkzonen senkt die Attraktivität des Autofahrens und könnte damit ebenso Einfluss auf das Parkaufkommen haben. Die Parkgebühren finden ihre Grundlage wiederum in eigenen Landesgesetzen und sind in eigenen Gemeindeverordnungen näher auszugestalten;[6] denkbar und rechtlich ohne weiteres möglich wären sowohl eine höhere Mindestgebühr als auch z.B. eine empfindliche Steigerung bei längerer Parkdauer.

Beispiel 2: Bewusstseinsbildung

Ein wichtiger Baustein der Mobilitätswende ist auch die breite Bewusstseinsbildung für eine nachhaltige Verkehrsgestaltung. Ist doch davon auszugehen, dass viele Teile der Bevölkerung nicht ausreichend darüber informiert sind, in welchem Ausmaß der motorisierte Individualverkehr zum Klimawandel beiträgt, und welche alternativen Lösungen es gibt. Neben der bloßen Bereitstellung von Informationen vonseiten der Behörden, etwa auf Basis des Umweltinformationsgesetzes, wären z.B. auch Werbekampagnen in verschiedenen (sozialen) Medien oder sonstige Informationsmaßnahmen denkbar. So könnte an verstärkte Beratung bei Bautätigkeiten gedacht werden – gerade etwa bei der Errichtung von Wohngebäuden hinsichtlich Stellplätzen. Auch bei dieser staatlichen Öffentlichkeitsarbeit gilt es freilich stets, das verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot zu beachten.[7] (ESS&CR)

Quellen:
[1] Riedel, R. (2014), Grundsätze der Stadtplanung im “Ruhenden Verkehr”: Modelle der Parkraumorganisation und -bewirtschaftung, Sonderheft Verkehrsrechtstag 2014, 453-461.
[2] Krysl, V. (2016), Verordnungen im Straßenverkehr – Verordnungserlassung nach § 43 StVO in der Rsp des VfGH, Zeitschrift für Verkehrsrecht, 184-191.
[3] Geringer, D., Romirer, C. (2021), Fahrverbote und Umweltzonen aus Klimaschutzgründen: gangbarer Weg oder rechtliche Sackgasse?, Zeitschrift für Verkehrsrecht (noch nicht erschienen).
[4] Madner, V., Grob, L.-M. (2019), Potenziale der Raumplanung für eine klimafreundliche Mobilität, juridikum, 521-532. https://doi.org/10.33196/juridikum201904052101
[5] Kerschner, F. (2016), Stellplatzverordnungen, in Reinhold/Kerschner/Wagner, Rechtsrahmen für eine Energiewende Österreichs (REWÖ), 313-317.
[6] Mühlberger, P. (2018), Das kommunale Abgabenverordnungsrecht, Rechts- und Finanzierungspraxis der Gemeinden, 134.
[7] Binder/Griebler (2001), Verkehrsvermeidung, in Kerschner, F. (Hrsg), Österreichisches und europäisches Verkehrsrecht. Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, 97-180.

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Newsletter 02/2021

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Einzelbeiträge:

Öffentliche Akzeptanz ausgewählter Maßnahmen

Öffentliche Akzeptanz ist ein wichtiger Einflussfaktor für die Umsetzbarkeit von Maßnahmen im Personenverkehr. In einer repräsentativen Online-Umfrage (N = 1032) haben wir daher die Akzeptanz ausgewählter disruptiver Maßnahmen in der österreichischen Bevölkerung zur Erreichung der Klimaziele untersucht.
Zum einen weist ein experimenteller Gruppenvergleich darauf hin, dass ein umfassendes Maßnahmenpaket – bestehend aus Anreizen und restriktiven Maßnahmen – zu einer erhöhten Akzeptanz der Restriktionen führt. Zum anderen zeigen sich wesentliche Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Restriktionen: Regulative Maßnahmen, wie ein Zulassungs- oder Nutzungsverbot für Verbrennungsmotoren und hybride Fahrzeuge, wurden besser bewertet als ökonomische Maßnahmen, wie beispielsweise erhöhte Benzin- oder Parkpreise.
Interessanterweise bevorzugten die TeilnehmerInnen der Studie die Einführung solcher Antriebsverbote sogar im Vergleich zur Umsetzung keinerlei Maßnahmen. Anreize für verschiedene Transportmittel wurden generell positiv bewertet, sofern AutofahrerInnen durch diese nicht benachteiligt werden. Die beliebtesten fördernden Maßnahmen waren dabei die Taktung öffentlicher Verkehrsmittel entsprechend der möglichen NutzerInnenzahl und die Gewährleistung einer Mindestversorgung für ländliche Gebiete. Generell ist, wie auch aus der Literatur verfügbar, [1] der höchste Widerstand in der am stärksten betroffenen Gruppe, jener der AutofahrerInnen, zu erwarten. Das genaue Design verschiedener Restriktionen und Anreize sollte daher vor allem auf diese Gruppe Bezug nehmen, bspw. durch die Integration von Kompensationsmechanismen.

Urbanes Verkehrsmodell TRANCITON der Universität Graz

Am Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Universität Graz wurde ein Verkehrsmodell zur Simulation des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) im urbanen Raum entworfen.[2]
Dieses Modell hebt sich vor allem durch eine sehr schnelle Exekution und geringe Datenanforderungen ab. Andere Verkehrsmodelle benötigen häufig detaillierte Daten für ihr jeweiliges Einsatzgebiet (z.B. Konkrete Quell-Ziel-Matrizen für ein Stadtgebiet). Stattdessen wird auf die Verkehrserhebung “Österreich Unterwegs2013/14″[3] zurückgegriffen. Die Kartendaten werden von www.openstreetmap.org bezogen. Weiters konnte die Berechnungszeit circa auf ein Dreißigstel vergleichbarer Modelle reduziert werden.
Die Detailebene ist dabei bewusst zwischen mikroskopischer und makroskopischer angesiedelt. Dieser sogenannte “mesoskopische” Detailgrad kann eine Stadt in ihren Straßenzügen auflösen. Somit wird die Stau-Auslastung in diesen dargestellt. Hieraus lassen sich in Folge CO2- oder andere Schadstoffemissionen berechnen.
Mit der neuesten Revision des Modells soll es nun gelingen auf diesen Stärken aufzubauen. Mittels Optimierungen kann die Berechnungszeit weiter reduziert werden. Ziel ist es, ein interaktives Arbeiten für urbane Verkehrsplanung zu ermöglichen. Durch Erhalt der geringen Datenanforderungen soll das Modell gleichzeitig auch weiterhin für NutzerInnen leicht zugänglich bleiben. In Zukunft sollten damit infrastrukturelle, legistische Änderungen sowie Verhaltensänderungen in österreichischen Städten effektiv analysiert werden können.

Quellen:

[1] Hubert, R. A. & Wicki, M. (2021), What explains citizen support for transport policy? the roles of policy design, trust in government and proximity among Swiss citizens, Energy Research & Social Science, Vol. 75, 1-10, https://doi.org/10.1016/j.erss.2021.101973.
[2] Hofer C., Jäger G., Füllsack M. (2018), Generating Realistic Road Usage Information and Origin-Destination Data for Traffic Simulations: Augmenting Agent-Based Models with Network Techniques. In: Cherifi C., Cherifi H., Karsai M., Musolesi M. (Hrsg) Complex Networks & Their Applications VI. COMPLEX NETWORKS 2017. Studies in Computational Intelligence, vol 689. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-319-72150-7_99.
[3] BMVIT (2016), Ergebnisbericht zur österreichweiten Mobilitätserhebung „Österreich unterwegs 2013/2014“.

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Newsletter 03/2021

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Einzelbeiträge:

WIN-WIN-WIN im Personenverkehr: Weniger Kosten, weniger Emissionen, mehr Gesundheit!

Zur Erreichung von Klimaneutralität werden bereits vielversprechende Strategien diskutiert. Angefangen von sauberen Technologien wie E-Autos und E-Bussen, über eine verstärkte Verlagerung zur aktiven Mobilität (Fahrrad fahren, zu Fuß gehen) hin zur Vermeidung von Wegen durch zum Beispiel Telearbeit. Doch was würde es unserer Gesellschaft kosten, diese Strategien umzusetzen?

Um dies zu beantworten, zahlt sich ein Blick auf die gesamtgesellschaftlichen Kosten des Personenverkehrs aus. Diese umfassen neben den direkten Fahrzeugkosten verschiedener Transportmittel (fixe und variable Kosten) auch die externen Kosten, die durch Luftverschmutzung, Klimawandel, Lärm, Unfälle, Stau, Zerstörung von Ökosystemen, well-to-tank-Emissionen und dem Barriere-Effekt auf die Bevölkerung zurückfallen,[1] als auch die Entlastung des Gesundheitssystems durch positive Gesundheitseffekte, die bei der Ausübung von aktiver Mobilität entstehen. Außerdem Zeitkosten, also die monetäre Bewertung jener Zeit, die im Verkehr verbracht wird. [2]

Um die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Dekarbonisierung für Österreich abzuschätzen, können vier Szenarien verglichen werden: ein Business-as-usual- (BAU) Szenario, in dem 2040 der modal split jenem von heute entspricht. Ein Elektrifizierungs-Szenario, in dem zwar der gleiche modal split wie heute vorherrscht, aber die gesamte Verkehrsflotte elektrifiziert ist. Ein Verlagerungsszenario, in welchem zusätzlich zur Elektrifizierung eine starke Verschiebung in Richtung aktiver Mobilität und öffentlichem Verkehr stattfindet. Und ein Vermeidungsszenario, das zusätzlich eine Reduktion der Wege vorsieht.

 

Abb. 1: Gesamtgesellschaftliche Kosten in €/Kopf für vier Szenarien im Jahr 2040: Business-as-usual (BAU), Elektrifizierung (E), Elektrifizierung+Verlagerung (E+V), Elektrifizierung+Verlagerung+Vermeidung (E+V+V)

Der Vergleich zeigt, dass die Kosten in allen Dekarbonisierungsszenarien geringer sind als im BAU-Szenario, wobei eine reine Elektrifizierung die geringste Einsparung der gesamtgesellschaftlichen Kosten mit sich bringt (siehe Abbildung 1). Deutlich stärker ist die Einsparung bei Elektrifizierung und Verlagerung und am größten, wenn man elektrifiziert, verlagert und vermeidet. Die direkten Fahrzeugkosten verringern sich mit jeder zusätzlich angewendeten Strategie, da die spezifischen Fahrzeugkosten von aktiver Mobilität und öffentlichem Verkehr geringer sind als von Autos (E-Autos inkl. Lernrate). Die Entwicklung der externen Kosten zeigt eine deutliche Verringerung in den

Szenarien Elektrifizierung+Verlagerung als auch Elektrifizierung+Verlagerung+Vermeidung. Der ausschlaggebende Grund dafür sind die hohen positiven Effekte auf die Gesundheit durch aktive Mobilität, welche zu hohen Einsparungen im Gesundheitssystem führen können. Die Zeitkosten hingegen sind am höchsten im Szenario Elektrifizierung+Verlagerung, da aktive Mobilität und öffentlicher Verkehr vergleichsweise mehr Zeitaufwand bedeuten. Umgelegt auf Minuten würde das bedeuten, dass man am Tag zehn Minuten länger im Verkehr verbringt als im BAU bzw. bei reiner Elektrifizierung.

Zusammengefasst heißt das, wenn der Personenverkehr klimaneutral gestaltet wird mit allen Strategien, die uns heute schon zur Verfügung stehen, können die gesamtgesellschaftlichen Kosten reduziert, Emissionen eingespart und positive Gesundheitseffekte erzielt werden: Win-Win-Win! (RM, SP, AP, KS)

Quellen:
[1] Essen, H. van et al. (2019). Handbook on the External Costs of Transport. (Publications Office of the European Union).
[2] Schmid, B., et al. (2019). A pooled RP/SP mode, route and destination choice model to investigate mode and user-type effects in the value of travel time savings. Transp. Res. Part A Policy Pract. 124, 262–294.

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